Wenn Rajaa und Samia über das Evangelium sprechen, funkeln ihre Augen. Die beiden Schwestern lieben Gott und sein Wort. Früher waren die beiden nur Namenschristen. Heute haben sie eine lebendige Beziehung zum Herrn. In der schwersten Zeit ihres Lebens erfuhren sie Gottes Hilfe und Wiederherstellung – und sie erlebten, was es heißt, dass Gott ein Gott ist, der seine Geschöpfe liebt und sie zieht – an sein Herz, in sein Reich und in seine Nachfolge.
Bevor der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach, waren die beiden Schwestern Rajaa und Samia traditionelle Christen. Sie lebten ein friedliches Leben in einer Region, die christlich geprägt war. Sie waren getauft, gingen in die Kirche, feierten Weihnachten, hatten aber keine Beziehung zu Jesus. Beide waren frisch verheiratet und hatten ein ganzes Leben vor sich. Dann kam der syrische Bürgerkrieg und stellte ihr Leben komplett auf den Kopf. Die beiden Schwestern haben fast alles verloren: ihre Ehemänner, ihre Brüder, ihre Häuser und ihre Heimat. „Aber wir haben den wahren, lebendigen Gott gefunden“, sagt die jüngere Schwester Samia. „Jesus hat mein Leben radikal verändert“, fügt Rajaa hinzu.
Der Arabische Frühling und seine Folgen
Anfang des Jahres 2011 erfasste eine breite Protestwelle Nordafrika und den Nahen Osten. In fast allen arabischen Ländern kam es zu spontanen Demonstrationen gegen die autoritär herrschenden Regime. In Tunesien, Ägypten, Libyen und im Jemen wurden die Präsidenten gestürzt. Wegen der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Missstände schwappte der sogenannte „Arabische Frühling“ auch auf Syrien und den Irak über.
Doch dort eskalierten die oppositionellen Proteste und die gewaltsamen staatlichen Repressionen zu Bürgerkriegen. Im Machtvakuum der zerfallenen Staaten breiteten sich islamistische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) und Al-Qaida aus und verübten zahlreiche Terroranschläge. Dabei wurden die Christen zunehmend zu Zielen der Extremisten, die die Länder islamisieren wollten. IS-Kämpfer besprühten die Häuser und Geschäfte von Christen mit Kreuzen. So wurden sie öffentlich als Christen geoutet und der Verfolgung preisgegeben. „Sie beschimpften uns als Schweine und Ungläubige. Sie forderten uns auf, zum Islam zu konvertieren. Wer sich weigerte, wurde verfolgt, gefoltert und getötet“, erzählt Rajaa.
Umzingelt von Terror
Samia und ihr Mann hatten wenige Monate nach Ausbruch des syrischen Bürgerkrieges geheiratet. Ein halbes Jahr später, ungefähr zwei Wochen vor Weihnachten 2011, kam es in der Nähe ihres Hauses zu Explosionen. IS-Kämpfer und Regierungstruppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad lieferten sich heftige Gefechte. Um nicht ins Kreuzfeuer der Kämpfer zu geraten, verschanzten sich Samia und ihr Mann Habib drei Tage lang in ihrer Wohnung. Doch am vierten Tag ging ihnen das Essen aus. Also verließ Habib gegen Mittag das Haus, um Nahrungsmittel zu besorgen. Weil er aber abends nicht heimkehrte, machte sich Samia große Sorgen um ihren Mann. Sie ahnte nichts Gutes. Wegen des Krieges hatten sie schon tagelang keinen Strom gehabt, sie konnte also niemanden anrufen und um Hilfe bitten. So machte sich Samia auf die Suche nach Habib. In der Nähe ihres Hauses fand sie ihren Mann, staubbedeckt und leblos, auf dem Boden. „Ich verlor die Fassung. Ich fing an zu weinen und zu schreien“, sagt Samia. „Ich wollte ihn nach Hause schleppen, aber die Menschen um mich herum drängten mich: ‚Lass ihn liegen und lauf um dein Leben. Wenn sie dich kriegen, töten sie dich auch!‘“, erinnert sich Samia. Schockiert und traumatisiert floh sie noch in derselben Nacht zu ihren Eltern.
Wir wollen zurückgehen und den Menschen von Jesus erzählen – selbst wenn das hieße, dass wir dafür im zerbombten Haus unserer Eltern leben müssten.“
Gefoltert und getötet
Einen Monat später drängten IS-Kämpfer auch in die Region, in der Samias Schwester Rajaa mit ihrem Mann Fouad und ihrem Baby lebte. „Unser Nachbar sagte uns, wir sollten besser sofort weg von hier. Die Islamisten hätten eine Namensliste von Christen, die sie töten wollten. Aber wir wussten nicht, wohin wir fliehen sollten“, erzählt Raja. Dann kam der 7. Februar 2012: Rajaa und ihr Mann spielten mit ihrem Baby im Wohnzimmer als sie einen lauten Knall hörten. Auf ihr Fenster war geschossen worden und die Scheibe war zersprungen. Schnell brachte sich Rajaa mit ihrem Baby im Schlafzimmer in Sicherheit. Fouad ging mutig nach draußen, um nachzusehen, was passiert war. Sofort wurde er von IS-Kämpfern ergriffen. Sie quälten ihn brutal vor seiner eigenen Haustür und ließen ihn halbtot zurück. Mit großen Schmerzen und nach Luft ringend, konnte Fouad noch Rajaa erzählen, was passiert war, bevor er seinen schweren Verletzungen erlag. Am Tag danach beerdigte Rajaa ihren Mann mit Hilfe von Glaubensgeschwistern auf einem christlichen Friedhof. Danach floh auch Rajaa mit ihrem Baby zu ihren Eltern.
Ermutigung durch das Wort Gottes
Als Fahmi in Pakistan ankam, besuchte er als erstes seine Frau im Krankenhaus. Sie schwebte noch in Lebensgefahr. Danach machte er sich auf, um seine Mutter, seine Brüder und seine Kinder zu identifizieren. Über den Verlust seiner Familienangehörigen konnte er lange nicht sprechen, er trauerte im Stillen. „Ich wusste oft nicht: Was soll ich beten? Wie soll ich beten? Was soll ich Gott sagen?“, erinnert sich Fahmi. Als sich Anayas Zustand stabilisierte und sie die Intensivstation verließ, erzählte ihr Fahmi, dass ihre beiden Kinder bei dem Anschlag ums Leben gekommen waren. Anayas Welt brach zusammen. Ihr Schmerz war unermesslich, ihr Glaube angeschlagen. Trost fand sie in der Bibel – im Buch Hiob. „Ich haderte wie Hiob mit Gott, fragte ihn: Warum hast Du das zugelassen? Warum hast du mir beide Kinder genommen?“, erzählt Anaya. Aber wie Hiob sagte sie sich von Gott nicht los, und Gott stellte sie wieder her.
Keine Sicherheit vor den Islamisten
Auch in der Gegend, wo ihre Eltern lebten, waren sie nicht sicher. Einige Monate später griffen die Islamisten auch ihr Elternhaus an. Sie brachen die Tür auf und schlugen ihren Vater Nader, der versuchte, die Familie zu beschützen, zusammen. Dann wurden die beiden Brüder und auch vier Cousins von Samia und Rajaa verschleppt und getötet. Ihr Schmerz war groß. Als dann eines Tages ihr Haus von einer Bombe getroffen wurde, entschied sich die Familie, aus Syrien zu fliehen. „Wir flohen nur mit den Kleidern, die wir anhatten. Die Flucht war zwar gefährlich, aber unsere einzige Chance, dem Tod zu entrinnen. Unser Vater war zu alt, unsere Brüder tot. Niemand konnte uns helfen. Wir hatten nur Jesus“, sagt Samia.
Verzweiflung und Hoffnung
In einem Nachbarland fand die Familie Zuflucht. Doch auch dort kehrte keine Ruhe ein. Im Flüchtlingslager, wo sie anfangs lebten, wurden sie von den mehrheitlich muslimischen Flüchtlingen schikaniert. Als dann Nader plötzlich einen Schlaganfall erlitt und daraufhin starb, fiel die Familie in ein tiefes Loch. Erst dann begann sie richtig zu trauern. Samia und Rajaa haderten mit Gott: „Warum hast du uns das angetan? Was haben wir falsch gemacht? Warum hast du zugelassen, dass unsere Männer getötet wurden?“ erzählt Samia.

Sie alle waren schwer traumatisiert. Der Weg zur Heilung war lang. Aber ein Pastor begleitete sie durch diese schwere Zeit. „Als der Pastor uns aus der Bibel vorlas und das Evangelium verkündete, war es, als falle es mir wie Schuppen von den Augen. Ich konnte zum ersten Mal die ganze Wahrheit über Jesus erkennen. Ich fühlte ich mich wie ein kleines Baby – neu geboren. Das Wort Gottes gab mir Halt und Trost“, sagt Rajaa. Ihre Schwester Samia beschreibt ihre Heilung so: „Jedes Mal, wenn ich die Bibel las, hatte ich das Gefühl, dass Jesus an meinem Herzen wirkte und es heilte. Heute weiß ich, dass Gott sich um einen kümmert, wenn man ihn von ganzem Herzen sucht.“
In die Heimat zurück, um Licht zu sein
Die beiden Schwestern sind begeistert von der Kraft des Evangeliums. Es hat ihr Leben verändert. Sie haben die Liebe, Güte und Gnade Gottes erfahren. Davon wollen sie nun so viel wie möglich an die Menschen in ihrer Umgebung weitergeben. Zusammen mit ihrem Pastor bringen die beiden Schwestern regelmäßig Hilfsgüter zu den muslimischen Flüchtlingen und predigen ihnen die frohe Botschaft von Jesus. „Das ist das erste Mal, dass ich sehe, wie Nichtchristen von Jesus hören und ihn als ihren Herrn annehmen“, sagt Samia.
Die Familie musste zwar durch viel Leid in Syrien. Doch im Nachbarland will sie nicht bleiben. Sie hofft, eines Tages in ihre Heimat zurückkehren zu können. „Wir wollen zurückgehen und den Menschen von Jesus erzählen – selbst wenn das hieße, dass wir dafür im zerbombten Haus unserer Eltern leben müssten“, sagen die beiden Schwestern Rajaa und Samia.
Bitte beten Sie mit
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für die Christen in Syrien, dass Gott sie vor Gewalt beschützt und ihnen neue Hoffnung schenkt. Bitte beten Sie für all diejenigen, die das Evangelium weitergeben, dass durch ihren Dienst viele Menschen zum lebendigen Glauben an Jesus finden. Und beten sie auch unbedingt für all die Islamisten, dass Gott sie vom Bösen erlöst.