Es klopft an der Tür. Sofort springt Karwans Frau auf, um nachzusehen, wer vor der Tür steht. Ein vertrautes Gefühl von Angst durchzuckt sie. Ist es ein Verfolger? Jemand, der Karwan eine Drohbotschaft im Internet hinterlassen hat und ihm nun etwas Böses tun will?
„Wir warten ständig darauf, dass jemand kommt und mich tötet. Es gibt keinen einzigen Moment in meinem Leben, in dem ich nicht auf diesen Augenblick warte“, erzählt Karwan. Er und seine Frau wissen, dass Islamisten im Irak eher einen Mann töten würden als eine Frau. Darum öffnet sie immer die Tür, wenn jemand anklopft. Aber Gott sei Dank – auch dieses Mal ist es kein Verfolger, der vor der Tür steht.
Ein Dienst im Schatten der Bedrohung
Karwans Dienst für den Herrn, sowohl in der Gemeinde als auch im Internet, ist für viele Islamisten ein Dorn im Auge. Täglich erhält er Drohbotschaften. „Wir werden dich töten“, steht oft als Antwort unter seinen Postings, Audios oder Videos auf seiner Homepage. Karwan möchte mit seinen Botschaften vor allem die muslimische Bevölkerung des Landes erreichen. Viele Muslime, die seine Seite besuchen, sind zum Glauben an Jesus Christus gekommen. Doch wer im Irak den Islam verlässt, setzt sich einer großen Gefahr aus – er wird verfolgt.
Vom radikalen Muslim zum christlichen Evangelisten
Karwan wuchs in einer streng muslimischen Familie auf. Der Islam und die Scharia, das islamische Gesetz, bestimmten sein Leben. Er betete fünf Mal am Tag und ging jeden Freitag in die Moschee. „Ich war sehr radikal. Ich bat Allah, mich zu gebrauchen, um den Islam unter den ‚Kafirs´ – eine abwertende Bezeichnung für Nicht-Muslime – zu verbreiten. Mein Plan war es, nach Europa und in die USA zu gehen, um den Islam zu verbreiten. Ich wollte in den Dschihad ziehen“, erzählt er. „Ich war bereit, mich für Allah in die Luft zu sprengen und unschuldige Menschen mit in den Tod zu reißen, so wie es die Terroristen des Islamischen Staates tun.“
„Doch wer im Irak den Islam verlässt, setzt sich einer großen Gefahr aus – er wird verfolgt.“
Doch Karwans radikale Haltung änderte sich, als er zum Studium an die Universität ging. Dort begannen Fragen über Allah in ihm aufzukommen – Fragen, auf die seine Koranlehrer keine Antworten wussten. „Im Islam ist es gefährlich, Allah zu hinterfragen“, sagt Karwan. „Man wird sofort als schlechter Muslim abgestempelt, wenn man kritische Fragen stellt.“ Doch die Fragen ließen Karwan nicht ruhen. Er recherchierte intensiv im Internet und in der Universitätsbibliothek. Er studierte nicht nur den Islam, sondern auch den Hinduismus, Buddhismus und die persische Religion des Zoroastrismus.
Schließlich entschloss er sich, das Christentum zu erforschen. Er besorgte sich ein Neues Testament und begann zu lesen. Was er las, berührte ihn tief. Ein innerer Frieden überkam ihn. In seinem Herzen wusste er: Jesus ist die Wahrheit. Er gab sein Leben Jesus und war voller Freude und Heiligen Geistes. Doch sein Umfeld reagierte aggressiv. Bekannte und Freunde hielten ihn für verrückt, für seine Familie war er eine Schande. „Meine Familie wollte meine arabische Bibel verbrennen“, erinnert sich Karwan.
Seine Familie versuchte alles, um Karwan zurück zum Islam zu bringen. Doch er blieb standhaft. Er las weiter in der Bibel, hörte Predigten und erzählte anderen von der Hoffnung in Jesus Christus. Und die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten. Ein Sicherheitsbeamter warnte Karwan: „Warum leben Sie hier noch?! Sie wissen, dass die Islamisten Sie töten wollen. Eines Tages werden sie es tun.“ Karwan verstand die Warnung als Zeichen Gottes und entschloss sich, seine Heimatstadt zu verlassen.
Der Traum von einer Gemeinde
In der neuen Stadt fühlte Karwan sich von Gott berufen, eine Gemeinde zu gründen. „Eines Nachts träumte ich etwas Seltsames. Ich war auf einem Friedhof und öffnete die Gräber. Die Toten kamen heraus. Als ich aufwachte, wusste ich, dass noch viele Menschen das Evangelium hören mussten, um gerettet zu werden“, erzählt Karwan. Heute ist seine Gemeinde auf über 100 Mitglieder angewachsen – sieht sich jedoch auch Gefahren ausgesetzt. Die Behörden haben seine Gemeinde bereits mehrmals geschlossen, und radikale Muslime schicken ihm regelmäßig Drohungen. „Sie schreiben oft: ‚Wenn ich wüsste, wo du wohnst, würde ich dich umbringen‘“, erzählt Karwan. Einmal verschaffte sich jemand Zugang zu seiner Webseite und stellte ein großes Bild der IS-Flagge ein.
Auch viele seiner Gemeindemitglieder werden ständig bedroht – von ihren Familienmitgliedern. Eine Frau erzählte Karwan, dass ihre Familie gedroht habe, sie zu verbrennen, wenn sie sie je wiederfinden sollte.
Unerschütterliche Entschlossenheit
Trotz dieser Gefahren gibt Karwan nicht auf. Vor zwei Jahren wurde sein Freund Youssef ermordet – weil er Jesus nachfolgte. Als seine muslimischen Freunde von seinem Glauben erfuhren, stellten sie Youssef ein Ultimatum: 24 Stunden, um den Glauben an Jesus zu widerrufen. Doch Youssef blieb treu. Er musste mit seinem Leben bezahlen. „Nach dem Mord an Youssef bekam ich große Angst“, sagt Karwan. „Ich dachte, mir könnte das auch passieren, denn wir wohnen nicht weit entfernt vom Tatort.“

Trotz der ständigen Bedrohung für ihn, seine Familie und seine Gemeinde bleibt Karwan entschlossen. Er will die frohe Botschaft weitersagen – sowohl in seiner Gemeinde als auch im Internet. Immer wieder erinnert er seine Gemeindemitglieder an die Worte Jesu aus Johannes 15: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen.“
Für ihn gibt es kein Zurück zum Islam. Er sagt voller Überzeugung: „Selbst wenn ich wüsste, dass sie uns morgen töten würden, würde ich trotzdem predigen. Jesus hat uns in den Dienst berufen, und wir werden für ihn arbeiten und sein Reich verkündigen.“
Bitte beten Sie mit
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für Karwan, seine Familie und seine Gemeinde, dass unser Herr sie beschützt. Und beten Sie auch für seine Verfolger, dass sie von ihren bösen Wegen umkehren und den Herrn finden.